heilpraktiker interviewHallo Margot, schön, dass du dir Zeit für unser Interview genommen hast. Stell dich doch unseren Lesern kurz vor?

Meine Name ist Margot Eisele. Ich bin in Zürich geboren und aufgewachsen. Nach dem Abitur bin ich nach Deutschland ausgewandert, um meine Ausbildung zur Heilpraktikerin zu machen. Seither lebe ich mit Mann und zwei Kindern in München.

Was war deine Motivation, sich zur Heilpraktikerin ausbilden zu lassen?

Medizin hat mich immer schon interessiert. Ich wollte früher Hirn- oder Schlafforscherin werden. Für mich war aber auch klar, dass ich Kinder haben möchte. Da die Möglichkeiten Forschung mit Familie zu vereinbaren relativ gering sind, ist dieser Zweig schlußendlich weggefallen. An der Naturheilkunde hat mich fasziniert, dass es unendlich viele Therapiemöglichkeiten gibt. Somit gibt es immer neue Entwicklungsmöglichkeiten, man hat nie ausgelernt. Langeweile kann daher gar nicht erst aufkommen.

Wo hast du deine Ausbildung genossen?

Meine Ausbildung habe ich an der Josef Angerer Schule für Naturheilkunde in München gemacht. Danach habe ich einige Jahre in einer Praxis für Naturheilkunde assistiert.

Worauf sollten Interessenten achten, wenn sie sich für eine Heilpraktikerschule entscheiden?

Es gibt viele verschiedene Schulen, die unterschiedliche Themenschwerpunkte haben. Grundsätzlich sollte man sich entscheiden, ob man eine Schule primär als Hilfe für die HP-Prüfung sieht oder als Ausbildung für den Beruf an sich.
Für mich macht eine gute Schule aus, dass sie aus drei gleichwertigen Teilen besteht. Das heißt, sowohl medizinische Fächer, wie auch Naturheilkunde und Praktischen Unterricht beinhaltet. Für die Zulassung wird fast nur der erste Teil benötigt. Eine Schule, die nur darauf fokussiert, bringt einen durch die Prüfung. Für den Arbeitsalltag danach ist man aber überhaupt nicht gewappnet. Wenn auch naturheilkundliche Fächer unterrichtet werden, ist man schon besser dran. Zum arbeiten braucht man aber auch die Praxis. Wie gehe ich an Patienten ran, welche Untersuchungen machen Sinn? Wie priorisiere ich Krankheiten und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Wie hoch dosiere ich bei diesem Patienten? Soll ich schröpfen, spritzen, akupunktieren oder braucht er eine Infusion? Selbstverständlich sollte man in den Therapieformen dann auch tatsächlich geübt sein.
Ich habe es besonders geschätzt, dass wir an meiner Schule die Therapien alle gegenseitig ausprobiert haben. Es bringt einem sehr viel Wissen und Gespür, es am eigenen Leib erlebt zu haben. Vor allem, weil man danach weiß, was sich besonders gut oder besonders schlecht anfühlt.

Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?

Ich komme um 9 Uhr in die Praxis und mache als erstes die Post und Buchhaltung. Dann bereite ich die Patientenakten für den Tag vor und lese mich bei Bedarf kurz in die jeweiligen Fälle ein.
Von 9:30 bis 14 Uhr behandel ich Patienten. Rechnungen schreibe ich während Patienten die geschröpft/akupunktiert werden und gebe sie direkt mit. Dadurch entsteht kein Stau.
Danach räume ich auf, putze, mache Bestellungen, rufe Patienten zurück und beantworte Emails.

Patienten anzunehmen ohne zu werten und dann die für sie richtige Behandlung zu finden. Das fällt mir leichter, seit ich sie nach ihrem Behandlungsauftrag frage. Manchmal setzen Patienten die Prioritäten an völlig anderen Stellen als ich als Behandler. Wenn ich dann meine Prioritäten behandel und es funktioniert, freue ich mich. Der Patient ist aber enttäuscht, sein Hauptproblem wurde ja nicht behandelt.

Deine Antwort an Skeptiker: Was können Naturheilpraktiker mit ihrer Arbeit leisten und wo liegen die Grenzen?

Ärzte sind durch Leitlinien und Krankenkassen sehr stark eingeschränkt. Ein normaler Arzt kann sich oft weder die nötige Zeit nehmen, noch selber entscheiden welche Behandlung am Besten wäre. Diese Einschränkung haben wir als Heilpraktier nicht, das ist ein riesiger Vorteil. Vorausgesetzt die Ausbildung war gründlich und gut, haben wir daher die besseren Chancen, einen Patienten tatsächlich zu heilen. Ich selber schicke regelmäßig Patienten zu Fachärzten. Genaue Diagnosestellung, zum Teil auch Verschreiben von rezeptpflichtigen Medikamenten und Operationen sind Dinge, die ich nicht leisten kann und dennoch sehr schätze. Mir sind eigentlich Ärzte am liebsten, die keine Naturheilkunde machen. Die Zusammenarbeit funktioniert gut, man kommt sich nicht in die Quere.

Was zeichnet eine gute Heilpraktikerin aus?

Ein guter Heilpraktiker ist sich bewusst, wie wenig er weiß. Das Gebiet der Medizin ist riesig. Auch wenn täglich lernt bis ans Ende seines Lebens, weiß man noch immer nicht alles. Eine gewisse Demut finde ich hier unglaublich wichtig. Ich bin daher in vielen Gruppen vernetzt, in denen sich Kollegen austauschen, Fragen stellen und gegenseitig Lücken schließen. Das hilft ungemein und bringt viele neue Ideen.

Was empfiehlst du Leuten, die sich überlegen Heilpraktiker zu werden?

Als Heilpraktiker wird man in der Regel nicht reich. Natürlich kann man bei gewissen Behandlungen viel Geld verlangen. Die sind aber meistens im kosmetischen Bereich. Man muss sich daher sicher sein, dass Geld verdienen nicht das primäre Ziel ist. Die Arbeit mit unterschiedlichen Menschen ist wahnsinnig spannend, aber auch sehr anstrengend. Man muss sich auf jedem einzelnen Patienten, seine Probleme und seine Wünsche einstellen. Daher ist die große Frage: kann und will ich das wirklich für die nächsten 30 Jahre? Auch andere Dinge sind wichtig: bin ich bereit mich stetig weiterzubilden? Kann ich damit leben, dass mein Beruf von vielen verachtet oder belächelt wird?

Eine neue Praxis aufzumachen kann sehr anstrengend sein. In meiner Klasse waren 50 Absolventen. Davon haben jetzt nach 10 Jahren nur 6 eine eigene Praxis. Der Aufbau dauert lange, kostet viel Geld und die Konkurrenz ist groß. Daher stellt sich auch die Frage: bin ich bereit, hart zu arbeiten? Kann ich 3-4 Jahre durchhalten (auch finanziell)? Wenn diese Fragen nicht mit ja beantwortet werden können, sollte man sich nach Alternativen umsehen….Wenn aber alles passt, nichts wie ran an die Ausbildung. Danach empfehle ich, ein paar Jahre in einer bestehenden Praxis zu assistieren. Was man dabei lernt und sieht, ist später in der eigenen Praxis unbezahlbar!

Vielen Dank!

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